Schlagwort: Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

  • PSYT035 Nach müde kommt blöd

    Getreu dem neuen Sendekonzept ging es diesmal zunächst um Aktuelles und Hörerfragen, und dann zwei Stunden lang um die Themen Schlafen und Träumen. Den Einstieg machten zwei Nachfragen zur letzten Sendung: Wie viele Menschen mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) gibt es in Deutschland, und warum sind Traumafolgestörungen nach Naturkatastrophen seltener als sozial verursachte? In Rückgriff auf Folge 28 ging es dann um die Frage, warum alte Menschen häufig paranoide Züge zeigen, und in einer Nachfrage zu Folge 31 noch einmal darum, wie man mit einem depressivem Partner umgehen sollte. Abschließend waren die Ansätze von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zur Reform der Ausbildung zum Psychotherapeuten noch einmalThema. Zu Beginn des Themas Schlafen standen die grundsätzlichen Fragen: Warums chlafen wir überhaupt? Welche Schlafphasen gibt es? Wann träumen wir? Wie viel Schlaf ist „normal“? Was macht zu wenig Schlaf mit uns (siehe auch „I’m so tired“ von den Beatles)? Und ist zu viel Schlaf ungesund? Dabei berichteten Alexander und Sebastian von ihren Erfahrungen mit ihren Smartwatches, die das Schlafverhalten analysieren (erwähnt wurden Fitbit und die App Autosleep). Außerdem haben Alexander und Sven während des Studiums beide als Probanden an Experimenten zum Schlafentzug teilgenommen. Nebenbei ging es darum, dass Menschen im Mittelalter nachts wohl in zwei Teilen geschlafen haben, dass man offenbar zu wenig Schlaf während der Woche durch langes Schlafen am Wochenende nicht aufholen kann, und dass zu wenig Schlaf – bzw. zu viel Arbeit – in Japan eine anerkannte Todesursache ist (Karoshi). Besprochen wurde aber auch Schlafentzug als Therapie für Depression und dass man sich Schlaflosigkeit einbilden kann. In der letzten Stunde ging es vor allem ums Träumen. Von der Schlafparalyse und hypnagoge Halluzinationen ging es schnell zu Nachtmahr (mit Grüßen an Füssli), Albtraum (mit Ausflügen in die Sprachgeschichte und zu Tolkiens Elben) und Nachtschreck. Warum haben wir Albträume? Was geschieht, wenn wir im Traum sterben? Was sind Klarträume, und wie kann man solches „luzides Träumen“ trainieren? Zum Thema allgemein empfiehlt Sebastian das Buch „Träume“ von Michael Schredl, und zum luziden Träumen „Oneironaut“ von Simon Rausch. Eine besondere Erwähnung hat die Debunking-Seite Mimikama verdient, die jüngst ihr achtjähriges Jubiläum feierte.

  • PSYT034 Content-Warnung-Warnung

    Nach längerer Sendepause ging es diesmal im wesentlichen um drei Themen, die alle jeweils eine Stunde lang behandelt wurden. Den Einstieg machten die Ansätze von Bundesgesundheitsminister zur Reform der psychotherapeutische Betreuung und der Ausbildung zum Psychotherapeuten. Während beides grundsätzlich zu begrüßen ist, gehen die nun vorgelegten Konzepte aus Sicht der Psychotalker – und vieler anderer Betroffener – in die falsche Richtung. Vielleicht lässt sich Herr Spahn oder einer seiner Staatssekretäre in einer späteren Sendung ja mal auf eine Diskussion ein. In der zweiten Stunde schilderte Alexander seine Erfahrungen mit Content- bzw. Trigger-Warnungen in Sozialen Medien, insbesondere bei Mastodon. Wie sieht die Praxis aus? Was soll die Warnungen aus Sicht ihrer Verfechter bewirken? Was hat das mit Traumata und PTSB zu tun? Warum sind solche Warnungen aus psychologischer Sicht fragwürdig? Und gibt es wissenschaftliche Belege für ihre Wirksamkeit? Den Abschluss bildete eine Diskussion der sogenannten Replikationskrise: Was ist davon zu halten, dass sich die Ergebnisse vieler (v.a. sozial-)psychologischer Studien nicht reproduzieren lassen? Erwähnt werden hierbei sowohl klassische Studien wie das Stanford Prison Experiment (1971) oder die „Münzstudie“ von Bruner & Goodman (1947), als auch Phänomene wie der „publication bias“, das „p-hacking“ oder die Anwendung von Meta-Analysen.

  • PSYT029 Flucht in die permanente Temporalität

    Diese Sendung ist eine Premiere: Am 6. Mai 2017 war der Psychotalk von den wissenschaftlichen Volontärinnen der Berlinischen Galerie eingeladen, erstmals live vor Publikum zu diskutieren. Das One-Day-Festival „Destination Berlin. Strategies of Arrival Architecture.“ widmete sich ganz dem Thema Flucht und Architektur, also der Wechselbeziehung zwischen Geflüchteten, Flüchtlingsunterkünften im besonderen, Flüchtlingsinfrastruktur im allgemeinen und der Gesellschaft. Zwei Stunden beleuchteten die drei Psychologen diesen Themenkomplex mit Vertretern zweier anderer wissenschaftlicher Disziplinen: Neben Alexanders Frau, der Volkskundlerin Alexa Waschkau, war als Fachexperte René Kreichauf mit auf dem Podium. René Kreichauf ist Stadtforscher in Berlin und Brüssel. Er hat Stadtplanung und -soziologie an der TU Berlin studiert und danach seinen Master in Urban Studies in Brüssel, Wien, Kopenhagen und Madrid gemacht. René forscht zu Migrationsprozessen, sozialräumlichen Ungleichheiten sowie den Dynamiken städtischer Schrumpfung und Transformation. In seiner Doktorarbeit untersucht er die Herausbildung städtischer Asylpolitiken und -praktiken in europäischen und nord-amerikanischen Städten. Eine seiner Thesen – dass die teilweise abschreckende Gestaltung von Flüchtlingsinfrastrukturen politisch gewollt ist – hat breite Beachtung gefunden und René auch immer wieder ins Gespräch mit Politikern gebracht. Auch diese Psychotalk-Sendung begann mit dieser These und wurde kritisch beleuchtet: Wie stark ist die Auswahl und Gestaltung von Flüchtlingsunterkünften der Politik einerseits und dem Pragmatismus andererseits geschuldet? Wie gehen verschiedene Länder mit dem Thema um? Wie unterscheidet sich die heutige Situation von Geflüchteten von der Vertriebener nach dem Zweiten Weltkrieg (Stichwort Lager Friedland)? Im weiteren Verlauf ging es um das gesellschaftliche und politische Phänomen, Flucht nur als temporäres Problem zu behandeln, aber seit Jahrzehnten die gleichen Migrationsdiskussionen zu führen; um die Spannung zwischen nationalstaatlichen und ökonomischen Motiven gegenüber humanitären Pflichten; und wie Flüchtlingswellen wie die von 2015 Missstände in der eigenen Gesellschaft aufzeigen. Natürlich ging es auch um die konkreten psychologischen Schwierigkeiten von Geflüchteten und die psychologischen Auswirkungen von Gemeinschaftsunterkünften: Post-traumatische Belastungsstörungen vor, während und nach der Flucht; der Stress durch u.a. Enge und Lärmpegel in den Unterkünften; der unterschätzte Kulturschock; vor allem aber die fehlenden eigenen Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten und der damit einhergehende Kontrollverlust. Wie relevant ist die Dauer der Zwangsunterbringung? Und gibt es Flüchtlinge, für die so eine Unterbringung positiv ist? Die spannende und immer wieder erhellende interdisziplinäre Diskussion schloss mit den Wünschen für bessere Lösungen: Wie könnte man Flüchtlingsinfrastrukturen besser gestalten?

  • PSYT024 Posttraumatische Batman-Störung

    Die erste Sendung des Jahres 2016 hatte mit zwei Gästen und über drei Stunden Sendezeit viel zu bieten. Im psychologischen Einstiegsthema ging es um Traumata. Dabei wurden die drei Psychologen tatkräftig unterstützt von David Grade: Diplom-Pädagoge, angehender systemischer Jugendpsychotherapeut, und täglich im Einsatz in der psychiatrischen Ambulanz der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln. Was ist ein psychisches Trauma, wie reagieren die meisten darauf, und ab wann sind Reaktionen aus psychiatrischer Sicht relevant? Das Gespräch drehte sich um Akute Belastungsreaktionen und die (hoffentlich eintretende) Salutogenese, vor allem aber um mögliche Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS). Wie hilft uns unsere Psyche mit Aufmerksamkeitsfiltern bei Traumata, und wo können sie Probleme verursachen? Was sind Trigger, Intrusionen und Hypervigilanz? Welche Arten von Traumata lösen besonders häufig eine PTBS aus, wie ist die Störung definiert, und warum hat David ein Problem damit? Schließlich ging es natürlich auch um die Frage, wie eine PTBS therapiert werden kann, und ob Computerspiele wie Tetris oder die seltsam anmutende Praktik EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) helfen können. Zum Hauptthema der Sendung – Comic-Helden – stieß die Kölner Comickünstlerin Sarah Burrini mit dazu. Sarah ist vor allem bekannt durch ihren Webcomic Das Leben ist kein Ponyhof, sie gestaltet aber auch Buchcover wie für die Hoax-Files. Ihr könnt Sarah unter anderem über Patreon unterstützen. In der Sendung ist sie erst einmal in die Rolle von Batman geschlüpft, heldum sich von David daraufhin untersuchen zu lassen, ob dieser Comic-Held unter einer PTBS leidet – aber hallo! Mit dieser Diagnose war Davids Teil an der Sendung zwar vorüber, aber das Gespräch über den kaputten Batman und die Psychologie anderer Helden noch lange nicht. Die Gesprächsinhalte der zweiten Sendungshälfte drehten sich um das Verhältnis von Held, Bösewicht und Antiheld, um Jungsche Archetypen, um Comics als Metapher für die individuelle Selbstfindung, um Missbrauchsmuster bei Spiderman und den Werken von Alan Moore, um das Übermensch-Konzept von Nietzsche im Zusammenhang mit Magneto und schließlich um die Moralvorstellungen von Rorschach. Zu ernst? OK, es ging auch um die Verbindung von Batman zu Apfelchips, um so vertrauenswürdige Comic-Psychologen wie Harley Quinn, um Brustwarzen auf Superheldenkostümen, um SM-Elemente bei Wonder Woman, und um jahrhundertealten Tentakel-Sex in Mangas. Ganz nebenbei teilten Sarah und die drei Psychotalker auch miteinder, welche Comic-Helden sie selbst spannend finden. Ohne Anspruch auch Vollständigkeit wurden in der Sendung noch erwähnt: Die Abrafaxe, Batgirl, Catwoman, Constantine, Deadpool, die Digedags, Doctor Manhattan, Doctor Strange, Donald Duck, Flash, Green Arrow, Hellcat, der Hulk, der Joker, Loki, Nerdgirl, der Pinguin, Scarecrow, She-Hulk, Shawn, Two-Face, die Watchmen und die X-Men. Assemble!