Schlagwort: Glück
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PSYT038 Zum Glück gelassen
In der dritten Folge der Katastrophen-Staffel 2020 des Psychotalk geht es ausschließlich um die Themen Glück und Gelassenheit. Zunächst geben die drei Psychologen ein kurzes Update zu ihrem Erleben der COVID-19-Pandemie – mit vielen Gründen, um sich trotz ihrer grundsätzlich privilegierten Situation nicht gerade glücklich zu fühlen und gelassen zu sein. Wenn man vom zunehmenden Erfolg von Psychotherapie-Sprechstunden per Videokonferenz einmal absieht. Dann kommt für die Hälfte der Sendung zum eigentlichen Thema Frank Behrendt als Gast mit an Bord – ein Kommunikationsprofi und Berater, den das Handelsblatt einmal mit dem Titel des “Guru der Gelassenheit” geehrt hat. Grund für Franks Bekanntheit sind seine 10 Thesen zur Bewältigung eines stressigen Berufslebens, die er einst schnell beim Friseur herunter schrieb und die sich über das Magazin “Clap” (u.a. herausgegeben vom früheren Psychotalk-Gast “Bulo”) schnell verbreiteten. Ausführlich geschildert findet man sie in Franks Buch “Liebe dein Leben und nicht deinen Job”. Ganz ohne theoretischen Hintergrund teilt Frank seine eigene, pragmatische Sicht darauf, wie man sich auf das konzentriert, was einen wirklich glücklich macht: Indem man sich Freiräume schafft und die Familie Priorität hat; man sich das Glück aus der Kindheit bewusst zurückholt; man sich lieber Han Solo als Luke Skywalker zum Vorbild nimmt; und man für seinen Job Leidenschaft zeigt, aber Liebe nur für Menschen hat – und insbesondere auch Liebe für sich selbst. Im letzten Drittel der Sendung kümmern sich die drei Psychologen um den philosophischen und psychologischen Unterbau für viele von Franks aus der Praxis geborenen Thesen: Sven berichtet (mit Rückgriff auf Derren Browns Buch “Happy”), dass schon antike Philosophen wie die Stoiker für ein glückliches Leben rieten, sich nicht über Dinge aufzuregen, auf die man ohnehin keinen Einfluss hat. Man solle sich lieber darauf konzentrieren, sein Bestes zu geben, und durch Meditation und Reflexion seine eigenen Gefühle besser zu verstehen und in den Griff zu bekommen (Affektkontrolle) – denn unglücklich macht nicht das was man hat, sondern unrealistische Vorstellungen darüber was man braucht oder verdient. Sebastians Praktikantin hat mal wieder eine Reihe interessanter Studien zum Thema recherchiert. Was macht glücklich: Heiraten? Kinder? Tiere? Und welche Persönlichkeitsfaktoren der “Big Five”? Alexander schließt den Reigen mit einigen Meta-Analysen zum Thema Entspannungsverfahren ab: Wirken progressive Muskelrelaxation und autogenes Training bei Angststörungen und Depression gleichermaßen? Und wie sieht die Wirksamkeit im Vergleich zu Psychotherapie und Übungen zur Achtsamkeit (“mindfulness-based interventions”, MBI) aus? Und eines ist sicher: “Positives Denken” im Sinne von überzogenem Optimismus und Wunschdenken – exemplarisch propagiert in “The Secret” – ist ein esoterischer Glaubenssatz, der eher dazu geeignet ist, Menschen ins Unglück zu stürzen. Für weitere Kritik hierzu seien das Standardwerk von Günter Scheich und das Hoaxilla-Interview mit Hugo Egon Balder zum Buch “Wunsch-Bullshit im Universum” empfohlen.
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PSYT017 Leichenbesitzanspruch
Nach dem Ableben von NSWF betätigten wir uns dieses Mal als universelle Leichenfledderer in angemessener Schöpfungshöhe: Erst bekamen kontroverse psychologische Studien ihr Fett weg, dann streiften wir auf den Wanderwegen der Wanderhure eigentumsrechtliche und -psychologische Fragen zu gefälschten Bildern, Sebastians Lurch- und Treppenmonopol, ägyptischen Mumien und blanker Eifersucht. Zum Einstieg ging es anlässlich der umstrittenen Facebook-Studie, bei der angeblich die emotionalen Zustände Hunderttausender Nutzer manipuliert wurden, um Wissenschaftsethik. Warum hat sich wer bei der ominösen Studie unethisch verhalten oder gegen Regeln des Wissenschaftsbetriebs verstoßen? Und waren die Ergebnisse das wert? Welche Regeln gelten in der psychologischen Forschung, wie stehen unsere drei Psychologen dazu, und wie schneiden klassische psychologische Studien aus heutiger Sicht ab? Natürlich werden hierzu erwähnt der „Kleine Albert“, den John Watson mit Angst konditionierte, das Milgram-Experiment zu Gehorsam und das Stanford-Prison-Experiment von Philip Zimbardo. Gestreift werden auch die relative Ethik von Wissenschaft vs. Technologie, Tierversuche und Presse-Ethik im Zusammenhang mit investigativem Journalismus. Im zweiten Teil ging es um das Thema Eigentum. Hierzu hatten wir den Juristen und Richter am OLG Düsseldorf Ralf Neugebauer zu Gast, dessen täglich Brot Fragen um geistiges Eigentum sind. Was unterscheidet Besitz von Eigentum? Sind meine Tweets mein geistiges Eigentum? Ist ein Sklavenvertrag rechtlich bindend? Wie umfassend sind die Rechte von Künstlern, Star-Architekten und -Photographen an ihren Werken? Warum darf Sebastian gar nichts – weder seine Treppe so bauen, wie er will, noch die die hundertjährige Eiche in seinem Garten fällen, noch mit seiner Frau den „Haxilla-Podcast“ produzieren? Aber zum Trost darf er sich aber falsche Hilfiger-T-Shirts aus dem Urlaub mitbringen – nur nicht zu viele. Wir entdeckten, warum Ralf kein Verfassungsrichter ist, aber Eigentum verpflichtet. Wem Tiere gehören und wem Leichen – je nachdem, wie alt sie sind. Abschließend streiften wir kulturelle Unterschiede im Verständnis von Eigentum, u.a. bei den Inuit. In der letzten Stunde wurde es zum Eigentum dann wieder richtig psychologisch: Seit wann gibt es so etwas wie Eigentum und warum wohl? Unsere drei Psychologen diskutierten, wie sie zu Eifersucht und Polyamorie stehen. Warum mehr Geld nicht immer glücklicher macht (siehe Easterlin-Paradox). Warum mehr Auswahl nicht glücklicher macht (siehe Barry Schwartz). Wie wir Zufriedenheit synthetisieren, zum Beispiel wenn wir Monet-Drucke geschenkt bekommen (siehe Dan Gilbert). Und wie intuitiv Affen das Konzept von Geld verstehen. Wer mehr zum Thema lesen möchte, dem seien die Bücher von Dan Ariely und Sheena Iyengar empfohlen. Im abschließenden Werbeblock wurden erwähnt: Sebastians neuer politischer Videocast „Die Krabitzen“, Svens Dauerbrenner Viva Britannia (als Podcast und Buch), die Website zum kommenden Neuschwabenland-Buch, und die nächste Lesung am 3. September in Hamburg in den Studios, in denen Hoaxilla TV gedreht wird.