Schlagwort: Evolution

  • PSYT033 Die Dyskalkulie des AlphaGo

    Mit neuem technischen Setup ging es diesmal vor allem um Intelligenz. Zu Beginn gab es eine kurze Ergänzung zu Folge 31 und der Frage, warum Diagnosen von Persönlichkeitsstörungen (wie Borderline) bei Kindern und Jugendlichen von Fachleuten als nicht seriös angesehen werden. Das psychologische Einstiegsthema waren Lernstörungen wie Lese- und Rechtschreibstörung, Dyslexie, Dyskalkulie und andere Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten. Sebastian berichtete aus seiner gutachterlichen Praxis (v.a. im Zusammenhang mit §35a SGB VIII, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche). Schnell ging es aber auch um die Abgrenzung von Lernstörungen zu Intelligenzminderungen und damit Themen wie Intelligenzmessung, IQ-Tests und dem Verein Mensa. Anschließend wurde auf Anlaufstellen für von Lernstörungen Betroffene verwiesen, wie Schulpsychologen und Versorgungsämter, und schließlich noch mit dem Mythos der vermeintlichen Lerntypen aufgeräumt. Im Hauptteil ging es dann mit Gast Dr. Dennis Eckmeier um künstliche Intelligenz (KI). Dennis ist promovierter Biologe und arbeitet derzeit als Neurowissenschaftler in Lissabon unter anderem am maschinellen Sehen der Pfotenbewegungen von Mäusen. Was ist maschinelles Lernen und was ein neuronales Netz? Wie unterscheiden sich überwachtes und unüberwachtes Lernen? Und warum ist das alles eher wie WOPR aus dem Film „WarGames“ als die Superintelligenz aus anderen Science-Fiction-Szenarien? Haben Algorithmen eine Motivation? Ist bestärkendes Lernen nichts anderes als Evolution? Und müssen Systeme wie AlphaGo Zero zwangsläufig besser werden als Menschen – zumindest wenn es darum geht, Go zu spielen? Alexander verwies dabei auf einen aktuellen Artikel der Universität Stanford, und Sebastian auf den regelmäßigen KI-Report der gleichen Institution. Natürlich wurde ausführlich über Alan Turing und den nach ihm benannten Test gesprochen. Turings bahnbrechende Veröffentlichung von 1950 birgt aber auch noch andere Überraschungen bis hin zum Hellsehen. Alan Turings persönliches „Imitation Game“ brachte das Team über das Apple-Logo zum Film „Ex Machina“. Kann ein System wie ELIZA einen Therapeuten ersetzen? Wem gehören die Urheberrechte an einem Musikstück, bei der eine KI die Beatles imitiert? Macht es Sinn, zukünftig Friseurtermine mit dem Google Assistant zu vereinbaren? Und sollen wir einer Software wie der Babylon Health App vertrauen? Zum Abschluss wurde es metaphysischer, mit Gesprächen zur Singularität (googeln!), „Solaris“ von Stanislaw Lem (Buch lesen!), „Origin“ vom Dan Brown (Finger weg!), „Blade Runner“ nach Philip K. Dick (Film schauen!), den Podcast „Science for progress“ von Dennis (anhören!) und aktuelle Beweise fehlender menschlicher Intelligenz wie bei den Incels (nicht googeln!). Der Titel dieser Folge wurde von Hörer Roland Schuler auf Twitter vorgeschlagen, und zwar bereits Tage vor der Sendung – das ist Intelligenz (oder Hellseherei)!

  • PSYT032 Görings Batman-Tattoo

    Drei Stunden lang ging es diesmal nicht um ein einzelnes Thema, sondern die drei Psychologen diskutierten unterschiedlichste Pressefundstücke der vergangenen Wochen. Wirken Antidepressiva? (JA!) Die bisher wohl umfassendste Metaanalyse zu diesem Thema wurde gerade im „Lancet“ veröffentlicht. Was ist eigentlich eine schwere Depression? Und was soll personalisierte Medizin einmal bringen? Warum tätowieren sich Menschen? Offenbar haben das auch schon die Ägypter vor rund 5.000 Jahren getan. Das Gespräch dreht sich um Magie, Initiationsriten, Selbstverletzung, die Abgrenzung des Selbsts und von anderen Gruppen, (wieder) um Narzissmus, um die Generation Y und die Generation Golf. Wir entdecken die Arbeiten von Tobias Lobstädt und die Aussprache des Wortes „Yakuza“. Glaubten Neandertaler an einen Gott? Welchen evolutionären Vorteil hat der Glaube an ein Leben nach dem Tod? Was hat Alexander jüngst mit Eduard Habsburg im Podcast „Glaubenssache“ besprochen, und was Sebastian mit Toby Baier bei den „Pubkameraden“? Nebenbei geht es um Carl Sagan, den Roman „Extinction“ von Kazuaki Takano und um „Altered Carbon“ von Richard Morgan. Machen soziale Medien süchtig? Ein DAK-Report warnt davor. Ist es überhaupt sinnvoll, über nicht-substanzgebundene Süchte zu sprechen? Oder sie zu definieren, wie die „Gaming Disorder“ im kommenden ICD-11? Diskutiert wird unser modernes Kommunikationsverhalten und „süchtig“ machende Aspekte von Spielen wie „World of Warcraft“. Warum will man ausgestorbene Tiere wieder erschaffen? Göring und die Nazis haben das mit dem Auerochsen versucht. Was fasziniert uns so an der Vergangenheit oder Tieren wir dem Kaikaifilu? Und warum will der Mensch sich als Schöpfer fühlen – wie auch Frankenstein als „moderner Prometheus“? Willkommen in der Jurassic World! Was gibt es sonst noch zu sagen? Hört den Podcast „Der Graue Rat“ zur TV-Serie „Babylon 5“, die tagespolitische „Wochendämmerung“ von Kadda und Holgi, und „Ach & Krach“ zu Lärmmusik. Und freut Euch, dass Deniz Yücel frei ist.

  • PSYT028 Verfolgt vom Mythos

    Die Themen dieser Sendung waren eigentlich schon einmal für 2016 geplant, mussten dann aber verschoben werden. Umso besser: Bei der aktuellen Nachrichtenlage scheinen sie aktueller denn je. Beim psychologischen Einstiegsthema ging es um Paranoia. Was verstand man historisch unter diesem Begriff, und welche psychischen Störungsformen unterscheidet man heute? Im Detail erwähnt wurden der eigentliche Wahn, die paranoide Persönlichkeitsstörung, die paranoide Schizophrenie und schließlich die akute paranoide Reaktion. Sebastian berichtete auch von einem Fall aus seiner Praxis mit einer „Wahngemeinschaft“ aus drei Personen (folie à plusieurs). Schließlich wurden als Therapiemöglichkeiten Psychopharmaka und die kognitive Verhaltenstherapie genannt. Im Hauptteil ging es dann um Verschwörungstheorien oder – wie Gast Dr. Michael Blume unsere drei Psychologen gleich korrigierte – genauer um Verschwörungsmythen. Michael Blume ist Religionswissenschaftler und interessiert sich vor allem für die biokulturelle Evolution des Glaubens. Auf seiner Homepage findet Ihr Details zu Michaels zahlreichen Publikationen, er bloggt bei den Scilogs, und 2015 leitete er die Projektgruppe „Sonderkontingent Nordirak“ des Landes Baden-Württemberg, die über 1.000 Frauen und Kinder vor dem „Islamischen Staat“ in Sicherheit gebracht hat. Im Herbst 2016 hat Michael mit Sebastian eine interdisziplinäre Tagung zum Thema Verschwörungstheorien organisiert. Über zwei Stunden lang ging es um Fragen wie: Sind Verschwörungsgläubige psychisch krank? Welche Funktion haben Verschwörungsmythen? Wer glaubt an sie (das Thema von Sebastians Doktorarbeit)? Sind es nun Theorien, Mythen oder Legenden? Was haben sie mit religiösen Dualismus, den Gnostikern und dem Demiurgen zu tun? Welchen Einfluss hat der Zeitgeist auf Verschwörungsmythen und welchen haben (jeweils) neue Medien? Ein dichter interdisziplinärer Themen-Teppich, quer durch die Jahrhunderte, und immer wieder mit Bezug auf grundlegende menschliche Denkprozesse, wie den Attributionsfehler, den Bestätigungsfehler und die eigene Kontrollüberzeugung. Und mit einem bunten Potpourri an Verschwörungsmythen von JFK und 9/11 bis hin zu den Reichsbürgern.