PSYT014 Geister im Netz

Das hat mal wieder Spaß gemacht: Drei Stunden mit drei Psychologen, zwei Gast-Beitragenden, einem neuen Jingle und ganz ohne Stream-Abriss. Viele haben live zugehört, und über 50 haben im Chat mitdiskutiert.

Sebastian musste sich kurz zu seinem „free bleeding“-Trauma Luft machen, dann war die erste Stunde sehr psychologisch geprägt vom Thema Schizophrenie: Warum das keine Persönlichkeitsspaltung ist, und wo das Missverständnis herkommt. Was eine typische Schizophrenie ausmacht und ihre jeweiligen Unterarten. Welche aktuellen Erkenntnisse es zu ihren Ursachen gibt, und warum Psychopharmaka zur Behandlung hier wirklich das Mittel der Wahl sind. Wir streiften schizophrene und nicht-schizophrene Verschwörungstheoretiker und natürlich „A Beautiful Mind“ als Filmempfehlung.

Unser Hauptthema Soziale Netzwerke haben wir weniger theoretisch als praktisch und persönlich betrachtet: Wie gehen wir mit Twitter, Facebook, XING & Co. um, wie hat sich unser Verhalten verändert? Welchen Teil unserer Persönlichkeit präsentieren wir? Welche Reaktionen erwarten wir, provozieren wir, welche kommen, und wie gehen wir damit um? Und vor allem: Wie unterscheiden sich vermeintlich „virtuelle“ Netzwerke von „physischen“ Netzwerken – der persönlichen Begegnung?

Zwei pseudonyme Gäste tragen zu dieser Diskussion ihre eigenen Eindrücke und Erfahrungen bei.

Bulo-Selbstporträt
Zu Gast: Der Bulo

Der Bulo ist Publizist, Journalist und Karikaturist. Ansonsten Sozial-Netzwerk-abstinent, nutzt er Twitter, um seine Werke an ein breiteres Publikum zu bringen. Heute erscheint sein Buch „Der Kai“ mit Karikaturen von BILD-Chefredakteur Kai Diekmann, und hat sich anschließend mit Diekmann auf Twitter dazu ausgetauscht. Mit dem Bulo sprechen wir insbesondere auch über die Rolle Sozialer Netzwerke für Journalisten und Künstler.

Der kleine Keks
Zu Gast: Der kleine Keks

Der kleine Keks arbeitet nicht nur in der Software-Entwicklung, sondern in ihrer Freizeit auch seit mehreren Jahren als Fotomodell. Sie veröffentlicht ihre Fotostrecken, zu denen auch Akte und Bondage-Strecken gehören, auf ihrer Homepage und einer eigenen Facebook-Seite. Mit ihr sprechen wir darüber, wie unterschiedlich Menschen Öffentliches, Privates und Intimes definieren, und wie sie Lebensbereiche im Netz zu trennen versuchen. Natürlich geht es auch um die Reaktionen anderer auf ihre Fotos, und ihren Umgang mit diesen Reaktionen.

Nebenbei geht es wieder einmal um Sebastians feministische Ader, seine Duscherfahrungen mit Alexander, und um Alexanders sporadische intime Kontakte mit Sven. Was eben so Thema ist, wenn selbständige Twitter-Spammer aus der Gegend um Boskopp, Impact-fokussierte Konzerndrohnen ohne festen Wohnsitz und westfälisch-hanseatische Verwaltungsangestellte in Bad Segeberg virtuell zusammentreffen: Netzwerken at its best.


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Kommentare

16 Antworten zu „PSYT014 Geister im Netz“

  1. Avatar von Martin Jung
    Martin Jung

    Ihr Lieben,
    ich hoffe der fiese Herr Bartoscheck wird euch nicht mehr lange begleiten. Man darf ja hoffen.

    1. Avatar von Sven Rudloff
      Sven Rudloff

      Du Lieber,
      auf welche Fiesigkeiten des Herrn Bartoschek beziehst Du Dich denn in Deiner Kritik? Vielleicht ist er ja therapierbar. 🙂

  2. Avatar von Chris
    Chris

    Eure Diagnosen sind borderline experimentive. Das ist doch wohl nicht euer Ernst.

    1. Avatar von Sven Rudloff
      Sven Rudloff

      Auf welche Diagnosen beziehst Du Dich konkret?

  3. Avatar von Dirk
    Dirk

    Können Sie kompetente Psychiater empfehlen? Sie reden über psychiatrische Störungen, die ihre Kompetenzen evtl. überschreit. Meine Tochter ist davon überzeugt, ihre Ideen in Büchern zu verbreiten. Ich sehe darin eine schwere psychische Störung. Bitte helfen Sie mir.

    1. Avatar von Sven Rudloff
      Sven Rudloff

      Der Wunsch zum Autorentum an sich ist ja nun nicht verwerflich. Wenn Sie sich allerdings ernsthaft Sorgen um die psychische Gesundheit eines Angehörigen machen, können Sie sich an das „SeeleFon“ des Bundesverbandes der Angehörigen psychisch Kranker e.V. wenden (http://www.psychiatrie.de/bapk/seelefon/).

    2. Avatar von Qualle
      Qualle

      Ich habe einige Zeit Akupunktur gemacht gegen meine psychotische Störung/paranoide Schizophrenie. Hat mir sehr geholfen. Ich fand es schade, dass die alternativen Behandlungsmöglichkeiten im Podcast zu kurz kamen.

      1. Avatar von Sven Rudloff
        Sven Rudloff

        Ich würde so etwas wie Akupunktur nie als alternative Behandlungsmöglichkeit bezeichnen, weil es suggeriert, dass es eine echte Behandlung mit Psychopharmaka ersetzen kann – das wäre grob fahrlässig. Behandlungen die in Einzelfällen eine beruhigende Wirkung haben, können gern zusätzlich eingesetzt werden. Wir konzentrieren uns aber grundsätzlich auf Ansätze, die wissenschaftlich nachweislich in einer großen Anzahl an Fällen eine Wirkung über Placebo hinaus haben; Akupunktur gehört nicht dazu.

  4. Avatar von Jürgen Bromant

    Thema Schizophrenie und Verschwörungstheorien:
    Ich vermute, natürlich ohne genaue wissenschaftliche Untersuchungen dazu zu kennen, dass unter Verschwörungstheoretikern oft verschiedene Persönlichkeitsstörungen ineinander greifen.
    Ein paranoid Schizophrener hat beispielsweise Wahneingebungen (NWO, Reptiloiden, Chemtrails usw.) die dann von anderen, z.B. von pathologischen Narzissten oder Histrionikern, aufgegriffen, weitergetragen und entsprechend neu pathologisiert werden.

  5. Avatar von Ulme
    Ulme

    Ich frage mich ja, ob es jemandem, der „free bleeding“ praktiziert, erlaubt ist Taschentücher für Tränen und Rotz zu verwenden. Das fällt für mich in die gleiche Kategorie. Das kann man sich auch in die Kleidung schmieren.

    Ich finde aber auch, dass es in Sachen Reinlichkeit bei Männern und Frauen mit zweierlei Maß gemessen wird. Hätte „Feuchtgebiete“ einen männlichen Protagonisten gehabt, wäre der Hype kleiner gewesen.
    Ich finde, man sollte sich vom Körper und dessen Funktionen nicht so schocken lassen.

  6. Avatar von André
    André

    Es gibt für ’schizophren‘ eine losgelöste Bedeutung, die wohl in der falschen Zuordnung zu dissoziativen Störungen begründet ist, meiner Ansicht nach aber mittlerweile unabhängig davon ist. Die Bedeutung ist auch gar nicht so leicht zu ersetzen, sie wird typischerweise zur Beschreibung des emotionalen Erlebens von starken Zielkonflikten verwendet.

    Beim Chaosradio aus dem Januar (mit dem CCC gestaltete monatliche Sendung in Berlin-Brandenburg) beschwerte sich im Anschluss eine von Schizophrenie Betroffene über den Gebrauch des Wortes ’schizophren‘ im gemeinsprachlichen Sinne und bat das Wort nicht mehr zu verwenden. Ab hier: http://blog.chaosradio.ccc.de/index.php/2014/01/30/cr197-je-mehr-desto-besser/#comment-16800

    Ich habe als Gegenvorschlag angeregt, vielleicht doch lieber auf die Streichung des Wortes aus dem klinischen (oder zunächst eigenen) Gebrauch hinzuwirken, mit Hinblick darauf, dass es offenbar „verbrannt“ ist. Mich würde interessieren, wie ihr das seht. Persönlich halte ich Veränderungen an der Fachterminologie für wesentlich machbarer als in der Allgemeinsprache, insbesondere wenn sie wie hier gleichzeitig einer Präzisierung des Gemeinten dienen können.

  7. Avatar von Pulsar
    Pulsar

    Da ich selbst von paranoider schitzophrenie ergriffen bin,will ich nur hinzu Fügen das gerade das beschäftigen mit logisch rationalen Themen wie zB naturwissschaft oder Mathematik und das draus resultierende „sich klein in der Welt Gefühl“ mich aus der paranoidität herausgeführt und mir beigebracht hat das,trotz Angst es immer möglich ist zu relativieren. Das heißt nicht das die Depression oder die sozialängste weg sind aber man hat sozusagen immer einen nüchtern Denkenden „Zwerg“ auf der Schulter der ein stehts beobachtet und drauf achtet sich nicht in seinem Subjekt zu verlieren und seine affekte unter Kontrolle zu halten. Das kostet allerdings sehr fiel kraft da man sich steht’s Weiterbilden muss,was bedeutet sich immer gegen Depression und sozialängste stämmen zu müssen.
    Danke und Gruß an euch, macht bloß weiter so.

    1. Avatar von Pulsar
      Pulsar

      P.s. Schaut alle Fight Club;)

  8. Avatar von Thomas
    Thomas

    Ist der Twitteraccount von Der Kleine Keks noch aktuell? Ich sehe dort nur russisch.

    1. Avatar von Sven Rudloff
      Sven Rudloff

      Mhm, in der Tat… ich nehme den Link mal aus dem Artikel.

  9. Avatar von Marc Landolt

    Ein Hallo aus der Schweiz

    Auf Nebenwirkungen von Olanzapin sollte man eventuell hinweisen:
    https://media.ccc.de/v/32c3-7322-tor_onion_services_more_useful_than_you_think#video&t=574 (Sprungmarke bei 574s)

    Schizophren/Schizophrenie ist das häufigste Wort in diesen Kommentaren, allenfalls sind das ja Leute, die sich nichts mehr wünschen, als dass ihnen irgend jemand dabei hilft, ihre Stimmen (oder vielleicht besser Echos von früheren Erlebnissen), ihre Gedankenwelt zu verstehen.

    Vertrauen zu einem Psychiater aufzubauen der sich permanent auf Kosten des Erkrankten Spässe erlaubt, älterer Psychiater der zu pragmatisch ist sich in die Gedankenwelt des Patienten einzudenken, Zwangsmassnahmen… das ist zumindest nicht hilfreich.

    Die nicht-nachvollziehbar, inkoheränte Gedankenwelt eines Schizophrenen ist eigentlich toll bunt wenn keine Stressoren die Dunkle Seite heraufbeschwören. Eigentlich sogar in sich koheränt wenn auch nicht zu 100% wissenschaftlich korrekt. Als Patient der irgendwelche Stimmen hört, muss er sich ja irgend einen logisen Grund für die Stimmen ausdenken: klar sind das die Ausserirdischen oder ein Skype Kanal an einem Brain Chip oder an US Patent US4877027 oder #Voice2Skull (sauber über die Google diversifiziert und auch das confirmation bias bestätigt das) 🙂

    Auch wichtig wäre zu erwähnen, dass Schizophrenie auch eine Identität ist. Ich hatte sehr Mühe die Krankheit zu akzeptieren, es geht um Identität: Man will nicht der Amokläufer sein von der die Presse berichtet: „Es ist alles klar, der Mörder war Schizophren, Fall gelöst“ — alle relevanten Variabeln eines komplexes System von der Presse rausgekürzt.

    Es ist auch für mich anstrengend mich in die Gedankenwelt eines anderen Schizophrenen einzudenken aber man kann. Ich habe viele Schizophrene getroffen denen ich sofort zugeschrieben hätte dass sie liebevoll sind, aber mit der Liebenswürdigkeit klappt es meist nicht wegen dem dauernden anrufen auf dem virtuellen Skype Kanal, das ist wie Ausgegrenzt werden als Zuhörer -> Vermeidungsverhalten beim Zuhörer.

    Marc
    (chronisch ICD10-f20.0 in Behandlung mit Xeplion)

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